Anlässlich des 80. Todestages von Ottilie Pohl findet am 2. Dezember 2023 eine Gedenk-Aktion in Erinnerung an sie statt.
Die jüdische Kommunistin und Sozialpolitikerin lebte in der Beusselstraße 43 in Moabit. An diesem Ort erinnert aktuell nichts mehr an sie. Die Gedenktafel, die früher an dem Haus angebracht war, verschwand vor einigen Jahren spurlos. Daher setzt sich das „Netzwerk Ottilie Pohl“ für eine erneute Anbringung dieser Tafel ein.
An Ottilie Pohls 80. Todestag versammeln wir uns mit Nachbar*innen an ihrem ehemaligen Wohnort, gedenken ihres Mutes und begreifen diesen als Auftrag für unser eigenes Handeln.
Im Anschluss laden wir zum Kaffeekränzchen in der Refo Moabit, Wiclefstraße 32, ein. Hier können wir unseren Austausch fortsetzen und gemeinsam auf die zukünftigen Ideen für die Arbeit des „Netzwerk Ottilie Pohl“ blicken.
Das „Netzwerk Ottilie Pohl“ veranstaltete im November 2023 einen Aktionsmonat zur Erinnerung an Ottilie Pohl und andere Widerständige. Die Gedenk-Aktion am 2. Dezember 2023 bildet dessen Abschluss.
Das Netzwerk besteht aus einzelnen engagierten Moabiter*innen sowie Vertreter*innen verschiedener Initiative und Vereine. Auch der Moabiter Ratschlag e.V. bringt sich aktiv in das Netzwerk ein.
Gedenk-Aktion zur Erinnerung an Ottilie Pohl
Samstag, 2. Dezember, 11 Uhr
Beusselstraße 43
Weitere Veranstaltungen im Rahmen des Aktionsmonats:
Antifaschistische Gedenkkundgebung zu den Novemberpogromen
9. November, 18 Uhr Mahnmal Levetzowstraße
Kein Vergeben – kein Vergessen: Gedenken heißt Handeln! Das antifaschistische Bündnis ruft am 9. November 2023, dem 85. Jahrestag der Novemberpogrome, zu einer Gedenkkundgebung am Mahnmal Levetzowstraße mit anschließender kraftvoller, antifaschistischer Demo durch Moabit auf. Ottilie Pohl wird dort in einer Rede erinnert.
Kiez-Spaziergang: Frauen in Moabit – Verfolgung und Widerstand im Nationalsozialismus
10. & 18. November, 15-17 Uhr Treffpunkt: Vorplatz des Rathauses Tiergarten, Mathilde-Jacob-Platz 1
Die von der Historikerin Trille Schünke-Bettinger geleiteten Stadtführungen geben anhand biografischer Spuren von Frauen in Moabit einen Überblick über die Vielfalt und Breite des weiblichen Widerstandes gegen das NS-Regime. Hierbei wird zudem die rechtliche und gesellschaftliche Ausgrenzung von Jüdinnen anhand von Biografien verfolgter Frauen sichtbar gemacht.
Die Stadtführung ist eine Kooperation des Mitte Museums mit FRAUENTOUREN
Information & Gespräch: „Illegal“ in Moabit – Widerständige Frauen und ihre Netzwerke
15. November, 18.30 Uhr im Treff des Stadtschloss Moabit, Rostocker Straße 32B
Wir nähern uns der Kommunistin und Jüdin Ottilie Pohl, die Widerstand leistete und vom Nationalsozialismus verfolgt und umgebracht wurde. Heike Stange liest aus einem Text Rosa Lindemanns über eine Widerstandsgruppe, der Ottilie Pohl angehörte und die sich als „sooo harmloses Kaffeekränzchen“ tarnte. Trille Schünke berichtet von der Wichtigkeit nachbarschaftlicher Beziehungen und Vertrauen unter den Frauen für ihre Widerstandsarbeit und stellt exemplarisch Widerstandskämpferinnen vor. Anne Hoecker erzählt von Mathilde Jacob – ehemalige Sekretärin Rosa Luxemburgs –, ihren Verdiensten um diesen Nachlass und ihre Ermordung im KZ Theresienstadt. Was sagt uns die Geschichte dieser mutigen Frauen heute?
Szenische Lesung: Wer waren Otto und Elise Hampel?
24. November, 20 Uhr Dorotheenstädtische Buchhandlung, Turmstraße 5
Wilhelm Holthus liest Fallada-Passagen und Christian Winterstein liest aus Gestapo-Akten und anderen Dokumenten zu Elise und Otto Hampel. Das Schicksal dieses Ehepaars war Vorlage für Falladas Roman.
In welchem gesellschaftlichen Umfeld handelte das Berliner Ehepaar? Was teilten sie ihren Mitbürgern auf ihren Postkarten und Flugzetteln mit? Was war der Anlass für sie, in den Widerstand zu gehen? Wir wissen nicht viel über den sogenannten “Widerstand von unten”. Es sei denn, man geht in die Archive und schaut in die Gestapo- und Nazijustizakten.
Das Schicksal der Hampels, die im September 1942 beim Ablegen einer Postkarte in einem Treppenhaus denunziert, verhaftet und wegen Hochverrats 1943 zum Tode verurteilt wurden, erfuhr darüber hinaus eine literarische Verarbeitung in Hans Falladas Widerstandsroman “Jeder stirbt für sich allein” (1947 erschienen)
Eine Veranstaltung der Dorotheenstädtischen Buchhandlung und dem Verein „Sie waren Nachbarn e.V.“
Blick in die Gegenwart: Wie sind heute Kinder und Jugendliche von Antisemitismus betroffen?
29. November, 20 Uhr Refo Moabit, Wiclefstraße 32
Diskussionsimpuls und Gespräch mit Rosa Fava, der Leiterin von ju:an – Praxisstelle antisemitismus- und rassismuskritische Jugendarbeit der Amadeu Antonio Stiftung.
Gedenk-Aktion anlässlich des 80. Todestages von Ottilie Pohl
2. Dezember, 11 Uhr Beusselstraße 43
Im Rahmen einer Gedenk-Aktion möchte das Netzwerk an Ottilie Pohl an dem Ort erinnern an dem sie gelebt hat. Im Anschluss an die Aktion im öffentlichen Raum sind Interessierte zu einem Austausch in der refo Moabit eingeladen.
Für Fragen steht unsere Kollegin Susann Wehrmann von „Kiez Machen – Mobile Stadtteilarbeit in Moabit“ zur Verfügung – susann.wehrmann@moabiter-ratschlag.de
Über Ottilie Pohl
Ottilie Pohl war gelernte Putzmacherin jüdischer Herkunft und wohnte jahrzehntelang in Moabit, davon einige Jahre in der Beusselstraße 43. Schon während der Kaiserzeit engagierte sie sich in der sozialdemokratischen Bewegung und trat als entschiedene Kriegsgegnerin im Ersten Weltkrieg in die USPD ein, später in die KPD. Sie war 1919 Tiergartener Stadtverordnete.
Im Nationalsozialismus gehörte sie gemeinsam mit anderen mutigen Frauen zu einem sogenannte „Kaffeekränzchen“, die Opfer der NS-Verfolgung und Angehörige unterstützten und mit Streuzetteln gegen die NS-Propaganda vorgingen. Außerdem versteckte Ottilie Pohl bedrohte Gegner*innen des faschistischen Regimes. 1940 wurde sie verhaftet und zu Gefängnis verurteilt. Mit 75 Jahren wurde sie, als Jüdin verfolgt, deportiert und 1943 im KZ Theresienstadt ermordet.